Samstag, 24. Januar 2009
 
Ilisu-Staudamm bedroht irakisch-türkische Beziehungen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Elisabeth Manas, Ö1   
Dienstag, 24. April 2007

Unheil braut sich zusammen über der "Wiege der Zivilsation" im Zweistromland, sagen besorgte Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Denn im voraussichtlichen Überflutungsgebiet des Ilisu-Staudamms in der Türkei leben etwa 50.000 Menschen auf Abruf. Sie könnten alles verlieren.

Irak vom Wasser abgesperrt

WWF, Global 2000 und Eca Watch schlagen daher Alarm. Der geplante türkische Staudamm von Ilisu bedroht ihrer Ansicht nach aber nicht nur Lebensraum und Kulturgüter in der Türkei, sondern auch im Irak. Die Türkei hätte nämlich die Möglichkeit, den Irak vom Wasser abzusperren. Und Wasser ist auch eine politische Waffe.

Mary Kreutzer von Eca Watch meint dazu, die türkisch-irakischen Beziehungen seien zurzeit ohnehin massivst belastet: "Die Türkei droht, in den Nordirak einzumarschieren, um angeblich die PKK zu besiegen. Und jetzt kommt auch noch dazu, das Wasser in der Hand zuhaben. Das ist natürlich eine massive Bedrohung des Irak." Gefährdet sei auch ein Milliardenprojekt der irakischen Regierung. Die von Saddam Hussein trocken gelegten so genannten "Marshes" im Südirak sollen wieder ökologisches Feuchtgebiet werden. Diese Bemühungen wären damit sinnlos.

WWF kritisiert Auflagen

Bagdad ist von der Türkei bis heute nicht über die Konsequenzen des Damms informiert worden, wie überhaupt alle Standards der Weltbank nicht erfüllt werden: keine Umweltverträglichkeitsprüfung und kein Umsiedlungsplan. Ulrich Eichelmann vom WWF kritisiert, in Wahrheit seien die Auflagen "nur Masse statt Klasse": "Das sind Sprechblasen zu Lasten der Menschen, der Kultur und der Natur". Die insgesamt 150 Auflagen seien eher geeignet, "von den tatsächlichen Problemen abzulenken", erklärte Eichelmann weiter. Dass sie sowie die Einsetzung eines Expertenkomitees dazu führen, dass die Standards der Weltbank erfüllt werden, wird von ihm bezweifelt. Ein wesentlicher Weltbank-Standard sei es, dass die Konsequenzen des Projektes überprüft werden müssten, bevor es zu einer Entscheidung in der Bank komme – und das sei nicht der Fall.

Tier- und Pflanzenarten gefährdet

Kritik übt auch Friedrich Schiemer, Universitätsprofessor von der Universität Wien und Vorsitzender des "Forum Österreichischer Wissenschaftler". Gerade am Tigris gebe es enorm viele Tier- und Pflanzenarten – die Auflagen würden dem nicht gerecht und könnten bestenfalls dazu dienen, die Katastrophe zu dokumentieren: "Jede größere Schottergrube wird in Österreich besser und strenger geplant als dieses Megaprojekt", so Schiemer.

VA Tech Hydro weist Vorwürfe zurück

Alexander Schwab von der VA Tech Hydro weist in einem Gespräch mit der APE die Kritik zurück: Die nun von den NGO kritisierten Kriterien seien zwei Jahre lang geprüft worden. Von den NGO selbst sei "umfangreicher Input eingeflossen". Daher überrasche ihn die Haltung der NGO. Die Auflagen entsprächen den Kriterien der internationalen Exportkreditagenturen "und nur auf dieser Basis haben die Agenturen in Österreich, Deutschland und der Schweiz auch zugestimmt".

Auch kritisch eingestellte internationale Experten überwachten die Erfüllung der Auflagen, sagte Schwab. Dass es für einzelne Projekte keine Vorab-Umweltverträglichkeitsprüfung gibt, begründete er mit der "langen Laufzeit" des Projekts: "Es handelt sich hier um einen Prozess. Deshalb haben wir auch Experten integriert, die diesen Prozess laufend überwachen werden."

Keine Kritik erspraren übrigens die NGOs auch der österreichischen Regierung. Schließlich haben Kontrollbank und Finanzministerium grünes Licht für den Bau des Megastaudamms gegeben.


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